Dirk Tiedemann zum Berufsbild
Trauerredner / Mitglied in der BATF
Das Bild, das ich von meinem Beruf lebe, ist es, im Dienste an den Angehörigen und mit ihnen den verstorbenen Menschen und seine Würde noch einmal sichtbar zu machen. Dazu gehört auch Beratung in Form und Ästhetik der Ansprache.
Ebenso gehört dazu ein intensives, den Gesprächspartnern vertrauenschaffendes Gespräch, in dem auch mal andere Blickwinkel auftauchen können, als die konventionellen oder traditionellen. Das alles wären Punkte, die den Menschen wieder präsent werden lassen können, in seiner einzigartigen Individualität und typischen Art.
Weil man als Angehöriger die Trauer schon mitbringt, muss die Rede keine zusätzliche Traurigkeit schaffen. Statt die Trauer auszudrücken, die sowieso schon da ist und im Mund des Trauerredners allzu leicht künstlich wirkt, ist es oftmals wichtiger, sich zu vergewissern, wer dieser besondere und bestimmte Mensch für einen selbst im Leben war und welchen Platz er immer noch einnimmt.
Es geht also um ein reflektiertes Widerspiegeln des Menschen als einzigartiges und unverwechselbares Individuum.
Weil „Sprache“ von „sprechen“ kommt, sind meine Ansprachen auch keine geschriebenen, sondern freie. Denn eine Trauerrede wird ja nicht in eine Situation hineingehalten, die immer gleich und typisch Trauerfeier ist, sondern es ist eine emotionale Welt, in der man sich als Angehöriger in dem Moment bewegt und die für einen Redner deshalb nicht berechenbar ist. Darauf muss man angemessen reagieren können, wenn man bei einer Trauerfeier spricht. Gern wird eine solche Rede verwechselt mit einem Vortrag, aber der hat einen ganz anderen Sitz im Leben.
Der Wortteil „-feier“ im Wort Trauerfeier stammt nicht von „feiern“, sondern vom Wort „frei“. Trauerfeier heißt ins heutige Deutsch übertragen: „Ich nehme Dich ernst, so wie ich es auch sonst getan habe.“ Diese ursprüngliche Bedeutung des Wortes Trauerfeier praktisch in der Ansprache umzusetzen, ist mein Leitbild und prägt mein Bild von diesem eigenartigen Beruf.